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Frau Merkel, stoppen Sie Ihr Spardiktat! – ein Kommentar von Lars Backhaus

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Sparen ist der verkehrte Ansatz – Ursachen und Symptome finden und verstehen

Symptom oder Ursache? Henne oder Ei? Das ist die Frage. In Sachen von Griechenland ist sie relativ eindeutig geklärt.
Durch das Spardiktat wird die höchstens das Symptom (Überschuldung) behandelt. Jene Ursachen, die Aufwertung des griechischen Euros – ich komme darauf zurück –  und die daraus resultierende fehlende Wettbewerbsfähigkeit, bleibt dagegen bis zum heutigen Tage unbehandelt.

Wenn ein Unternehmen überleben will braucht es? Richtig, Wettbewerbsfähigkeit! Ein Unternehmen kann durch reines Sparen ebenso wenig langfristig überleben, wie ein Staat. Was es braucht sind -bei einem Unternehmen- Innovationen. Was muss ich dafür tun?
Richtig! Investieren. Ähnlich gestaltet es sich bei einem Staat. Ich werde versuchen, die Eurokrise von seiner Ursache (nicht von seiner Symptome) her zu erklären.

Aufwertung des griechischen Euros 

Am Beispiel Griechenland wird deutlich (für Spanien und Portugal gilt prinzipiell dasselbe), dass eine Aufwertung des griechischen Euros und eine Abwertung des deutschen Euros erfolgt ist.

Aber Moment.
Wie funktioniert das?
Relativ einfach:

Der Wechselkurs berechnet sich aus dem nominalen Zinssatz (jenen den wir ständig im TV und im Internet sehen) multipliziert mit einem repräsentativ zusammengestellten Warenkorb Deutschlands dividiert durch einen repräsentativ zusammengestellten Warenkorb Griechenlands.

Kurze Begrifflichkeit, dann ein Beispiel.
Repräsentativer Warenkorb: Um die Inflationsrate eines Landes messen zu können, wird einmal im Jahr ein Korb mit allen Waren zusammengestellt, die (z.B.) “der deutsche Bürger” kauft. Nun schaut man sich an, wie teuer dieser Korb im Jahr 2011 und 2012 ist. Die Differenz in Prozentpunkten ausgedrückt stellt die sogenannte Inflationsrate dar.

Mathematisch berechnet sich der Wechselkurs demnach:

Nominaler Zinssatz x (repräsentativer Warenkorb des Inlands / repräsentativer Warenkorb des Auslands).

Wie kommt es nun zu einer Aufwertung? 

Zu einer Aufwertung des realen Wechselkurses kommt es nun über eine höhere Inflation im Inland gegenüber dem Ausland. Bedeutet, dass der Warenkorb im Inland teurer ist, als im Ausland. Eine Abwertung wird über eine niedrige inländische Inflation im Gegensatz zur ausländischen Inflation produziert.

Auswirkungen einer Aufwertung?

Eine Aufwertung hat zur Folge, dass die Inlandsprodukte – im Vergleich zum Ausland – teurer werden (bedingt dadurch, dass der Wechselkurs steigt. Bedeutet, dass der griechische Euro real weniger Wert ist, als der deutsche.
Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt, da Produkte im Ausland günstiger sind.

Auswirkungen einer Abwertung? 

Eine Abwertung hat zur Folge, dass die Inlandsprodukte – im Vergleich zum Ausland – günstiger werden. Dadurch nimmt die Wettbewerbsfähigkeit deutlich zu, da die Exportkraft gesteigert wird.

Die Zahlungsbilanzkritik:

Oft gerät Griechenland – und auch Deutschland – aufgrund ihrer “Leistungsbilanzen” in die Kritik. Letztendlich ist dieses Ungleichgewicht aber ( u.a. ) eine Auswirkung der Auf-/Abwertung der einzelnen Länder. Natürlich kommt es auch auf die vorhandenen Industriestrukturen an, aber Fakt ist, dass die Auf-/Abwertungen einzelner Euro-Länder diese Ungleichgewichte verstärken.

Wichtig ist zu verstehen, was mit “Leistungsbilanz” gemeint ist.

Ähnlich wie eine Bilanz im Unternehmen, baut sich auch eine Bilanz  eines Staates auf:

Aktiva Passiva
Exporte Importe
Verbindlichkeiten Forderungen       

 

Steigende Exporte sorgen für steigende Forderungen, steigende Importe für steigende Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland.

Exporte und Importe bilden den Leistungsbilanzbereich, Verbindlichkeiten und Forderungen den Kapitalbilanzbereich. Sogenannte “Leistungsbilanzüberschüsse” (hört man immer wieder in Diskussionen und Sonntagsreden) sagen nichts anderes aus, als dass die Exporte und Forderungen den Importen und Verbindlichkeiten überwiegen.

Sowohl Leistungsbilanzüberschüsse, aber auch Leistungsbilanzdefizite (Importe und Verbindlichkeiten überwiegen den Exporten und Forderungen) sind alleine betrachtet weder negativ, noch positiv zu bewerten! Das muss festgehalten werden.

Bestes Beispiel: die USA ist ein typischer Staat, der Leistungsbilanzdefizite einfährt. Dennoch würde man die USA in Diskussionen aber  nicht zusammen mit Griechenland erwähnen. Dies hat Gründe.

Der letzte Volkswirtschaftliche Ansatz vor dem Fazit – die “Savings” (Ersparnisse/Überschüsse einer Nation) 

Die Ersparnisse einer Nation unterliegen einer wirklich einfachen Rechnung. Man nimmt die Summe aller Investitionen und addiert sie mit dem Ergebnis der Kapitalbilanz (Verbindlichkeiten – Forderungen).

Wenn nun die inländische Investitionsrate niedrig ist (Griechenland) und auch die Verbindlichkeiten den Forderungen überwiegen (Griechenland), so kommt es zu einem niedrigem, im schlimmsten Fall (Griechenland) negativen Betrag bei den Ersparnissen.

Beispiel:

500 € Investitionen + -600 € Kapitalbilanzsaldo = -100€

Die USA hingegen hält die Ersparnisse durch eine hohe Investitionsrate hoch. Dadurch fährt die USA Jahr für Jahr Ersparnisse ein.

Das Fazit

Da ein Ausscheiden Griechenlands (analysiere ich in einem weiteren Beitrag im September) nicht in Frage kommt, ein Spardiktat das falsche Vorgehen ist (sollte sich durch diesen Kommentar ergeben haben) bleibt uns, sofern wir Griechenland HELFEN wollen, ausschließlich über, dass die inländische Wirtschaft in Griechenland (über z.B. Konjunkturpakete) angekurbelt wird.

Dies sorgt für eine höhere Investionsrate und somit kurz-/ mittelfristig zu einem positiven Betrag in den Ersparnissen. Dann kann die Wirtschaft in Griechenland wieder annähernd Wettbewerbsfähig werden.

Natürlich muss der Behördenapparat in Griechenland weiterhin reformiert werden, zudem muss Griechenland an möglichen Ausgabenpunkten weiterhin sparen. Das ausschließliche Spardiktat jedoch hilft niemanden, außer Deutschland (eine längere Krise bedeutet längerfristige niedrige Zinsen – davon profitiert Deutschland am meisten!).

Wenn zudem Deutschland die Inflationsrate über 1-2, vielleicht auch 3 Jahre etwas höher als gewohnt hält (z.B. über Verstärkte inländische Investionen) und Griechenland die Investitionsrate hochschraubt aber zugleich das Sparen fortführt (Inflationsrate senkt), so gleichen sich die Auf- und Abwertungen wieder auf ein einigermaßen ausgeglichenes Niveau an.

Dieses Konzept gelte auch für andere Länder, wobei man sich viele Variablen für eine solche – zugegebenermaßen relativ oberflächige Analyse – ansehen muss. Dieser Kommentar kann bei weitem nicht alle Probleme und Vorgehensweisen beschreiben. Vermutlich ist er auch nicht beim ersten Mal allen Verständlich.
Er soll aber aufzeigen:

Das reine Spardiktat der Bundesregierung wird das Problem in keinem Fall lösen! Es muss – wie in Deutschland (Konjunkturpakete, welche nichts anderes zur Folge hatten als eine höhere inländische Investitionsrate) – Anreize für die Wirtschaft geben!
Nur so kann es Griechenland schaffen wieder auf den “grünen Zweig” zu kommen.


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